Wirbelgleiten (Spondylolisthese)

Als Spondylolisthese (Wirbelgleiten) bezeichnet man eine Instabilität der Wirbelsäule (meist Lendenwirbelsäule), die unterschiedliche Ursachen haben kann.

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
nachfolgend möchten wir Ihnen einige Informationen zum Krankheitsbild des Wirbelgleitens und seiner Behandlung geben. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie im Klinikum Bad Bramstedt, werden Patienten überregional in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen sowie aus weiteren Bundesländern behandelt bzw. beraten. Dabei sind die sorgfältige Untersuchung und Befragung die zentralen Bestandteile, Patienten in unserer Sprechstunde individuell beraten zu können.

Degenerative/Entzündliche Spondylolisthese

Durch Verschleißprozesse der Bandscheibe und der Wirbelgelenke kommt es zu einer Lockerung des Wirbelsäulensegments. Der obere Wirbelkörper kann dabei begrenzt nach vorne abgleiten. Dieses Phänomen wird auch „Pseudospondylolisthesis“ genannt und betrifft zwischen 5-10% der Bevölkerung. Dabei sind typischerweise die Segmente zwischen dem 3. und 5. Lendenwirbelkörper betroffen. Im Rahmen rheumatischer Erkrankungen kann dies verstärkt auftreten. Hier finden sich die Veränderungen häufig im Bereich der Halswirbelsäule (siehe auch Rheumatoide Arthritis).

Isthmische/lytische Spondylolisthese (Spondylolyse)

Das Missverhältnis zwischen körperlicher Belastung und Belastbarkeit der sogenannten Interartikularportion (Verbindung zwischen Wirbelkörper und Wirbelbogen) führt zu einer knöchernen Spaltbildung (siehe Abbildung 1) mit Abgleiten des oberen Wirbelkörpers nach vorne (siehe Abbildung 2).

Dysplastische Spondylolisthese

Der knöcherne Übergang vom Wirbelkörper in den Wirbelbogen weist eine anlagebedingte Fehlform (Dysplasie) auf, die nicht zu einer suffizienten Stabilisation der Wirbelsäule führen und ein Gleiten des Wirbelkörpers erlauben.

Traumatische Spondylolisthese

Durch ein adäquates Trauma kann es zu einem akuten Bruch im Bereich der Gelenkfortsätze kommen, was dann sekundär zu einer Spondylolisthese führen kann (z. B. bei Verkehrsunfällen oder Sturz auf den Kopf).

Postoperative Spondylolisthese

Nach ausgedehnten operativen Erweiterungen des Spinalkanales (Dekompressionen) kann es zu einer Schwächung der Stabilität der Wirbelsäule kommen, die zu einem Abgleiten des Wirbels führen kann.

Symptome

Trotz radiologischem Nachweis einer Spondylolisthese sind viele Patienten beschwerdefrei. Treten Beschwerden auf, dann zeigen sich die Symptome des Wirbelgleitens einerseits durch die Instabilität, welche vorwiegend in Rückenschmerzen, die bis in die Oberschenkel ausstrahlen können, resultieren. Andererseits kann es durch eine eventuell zusätzlich bestehende Einengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) oder der Nervenaustrittslöcher (Neuroforaminalstenose) zu einem radikulären Beinschmerz (einseitig oder beidseitig entlang des Versorgungsgebietes einer Nervenwurzel) oder auch einer diffusen Schmerzausstrahlung in beide Beine bis in die Waden kommen, die mit Schweregefühl und Taubheit einhergehen kann. Dieses Phänomen tritt vor allem beim Stehen und Gehen auf und wird durch den Druck auf mehrere Nervenwurzel verursacht und „Schaufensterkrankheit“ genannt (Claudicatio spinalis). Lähmungen und Störungen der Blasen- und Enddarmfunktion treten selten und spät auf.

Diagnose

Die Diagnose eines Wirbelgleitens wird in der Regel neben der klinischen Untersuchung mit Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule im Stand gestellt. Um weitere Informationen zu erhalten, werden häufig auch sogenannte „Funktionsaufnahmen“ in Vor- und Rückbeugung durchgeführt. Um die Bedrängung von Nervenwurzeln darzustellen, ist die Kernspintomographie (MRT) das Mittel der Wahl.

Ziel der Therapie

Ziel ist zum einen die Verbesserung der Lebensqualität durch Reduktion der Schmerzen, zum anderen die Verhinderung des Fortschreitens des Wirbelgleitens sowie die Beseitigung von bestehenden neurologischen Symptomen.

Therapie des Wirbelgleitens Konservative Therapie (ohne Operation)

Die Spondylolisthese kann in vielen Fällen konservativ behandelt werden. Wichtig dabei ist die intensive Beratung und Aufklärung des Patienten über sein Krankheitsbild mit Erläuterung der Wichtigkeit einer eventuell erforderlichen Anpassung der körperlichen Belastung bei der beruflichen Tätigkeit und beim Sport sowie der Gewichtsreduktion. Wichtige therapeutische Bestandteile der konservativen Therapie sind zum einen die medikamentöse Therapie, diagnostische und therapeutische lokale Infiltrationen sowie eine intensive Physiotherapie. Letztere hat die Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulensegments zum Ziel indem sie den Aufbau einer kräftigen Rücken- und Bauchmuskulatur anstrebt.

Operative Therapie

Gründe für eine Operation

  • Konservativ nicht beherrschbare Schmerzen / Einschränkung der Lebensqualität
  • Neurologische Ausfälle (Gefühlsstörungen, Lähmungen)
  • Ausgeprägte Störung der Wirbelsäulenstatik
  • Hochgradiges Wirbelgleiten im Jugendalter
  • Rasche Zunahme des Wirbelgleitens in Verlaufskontrollen

Dabei werden die Ziele der operativen Therapie von der klinischen und radiologischen Hauptproblematik bestimmt. Die verwendeten operativen Verfahren sind vielfältig.

Bei deutlicher Zunahme des Gleitvorgangs oder bei therapieresistenten Schmerzen ist die Indikation zur sogenannten Repositions-Spondylodese gegeben. Dabei wird die Wirbelsäule mit Schrauben und Stäben stabilisiert und der Gleitwirbel zurückgeholt (reponiert, siehe im Vergleich Abbildung 2 und 3). Dabei ist, je nach Ausprägung des Wirbelgleitens, meist die alleinige Operation von hinten möglich. Selten ist eine aufwendigere Operation von vorne durch den Bauchraum und von hinten notwendig, um den Wirbel vollständig zurückziehen zu können. Die Bandscheibe wird hierbei entfernt und durch Knochen und Platzhalter (sog. Cages) ersetzt. Dies führt letztlich zu der gewünschten Versteifung des Segmentes in günstiger statischer Position. Eingeengte Nervenwurzeln bzw. der Rückenmarkskanal können hierbei gleichzeitig durch eine operative Entfernung drückender Strukturen (Dekompression) behandelt werden.