Rheumatoide Arthritis der Wirbelsäule

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
nachfolgend möchten wir Ihnen einige Informationen zum Krankheitsbild der Arthritis und seiner Behandlung geben. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie im Klinikum Bad Bramstedt, werden Patienten überregional in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen sowie aus weiteren Bundesländern behandelt bzw. beraten. Dabei sind die sorgfältige Untersuchung und Befragung die zentralen Bestandteile, Patienten in unserer Sprechstunde individuell beraten zu können.

Definition

Die rheumatoide Arthritis („Rheuma“) ist eine chronisch entzündliche Systemerkrankung, die zu einer ausgeprägten Entzündung von Gelenkschleimhäuten führt und ca. 1% der Bevölkerung betrifft. Das weibliche Geschlecht ist hierbei mit 75-80% deutlich häufiger betroffen als das männliche. Dabei führt die Entzündung der Gelenkschleimhäute, die auch um Sehnen und Bänder zu finden sind, zu einer Zerstörung derselben (Tendovaginitis) und zu einer Zerstörung der angrenzenden Gelenke (Arthritis). Am häufigsten findet man die rheumatoide Arthritis um das vierzigste Lebensjahr, wobei allerdings der Erkrankungsbeginn auch in der Jugend oder im Alter liegen kann. Neben den „typischen“ Gelenken der Hände, Füße sowie der Hüften, Knie und Schultern manifestiert sich diese Erkrankung auch an den Gelenken und Bändern der Wirbelsäule. Hierbei ist insbesondere die Halswirbelsäule gefährdet.

Symptome

Die Symptome der rheumatoiden Arthritis können stark variieren. Häufig findet sich zunächst eine Schwellung und Morgensteifigkeit der Finger und Handgelenke, die meistens beide Hände symmetrisch betrifft. Auch die großen Gelenke des Körpers können betroffen sein. Dabei ist ein schubförmiger Verlauf am Anfang der Erkrankung häufig und führt zu erheblichen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Gelenke. An der Wirbelsäule ist vor allem die Halswirbelsäule betroffen. Bei fortgeschrittenen Veränderungen an der Halswirbelsäule bemerken die Patienten zum Teil eine Gangunsicherheit, die sich besonders im Dunkeln verstärkt. Auch treten einschießende Schmerzen, Schwäche und Gefühlsausfälle der Arme und auch Beine auf.

Diagnose

Der Verdacht einer Erkrankung wird meistens durch die klinischen Symptome geweckt. Die weitere Diagnostik erfolgt häufig durch einen Rheumatologen bzw. einen rheumatologisch erfahrenen Orthopäden. Hierbei werden Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Entzündungswerten (CRP), Rheumafaktoren und ACPAs (Anti-Citrullinated Protein/Peptide Antibodies - Antikörper gegen citrullinierte Protein-/Peptid-Antigene) und anderen Werten durchgeführt. Des Weiteren wird die Diagnostik durch Röntgenbilder, Kernspintomographie und ggf. Szintigraphien ergänzt. Da sich die Erkrankung an den Gelenken der Extremitäten meist deutlich stärker bemerkbar macht, besteht das Risiko, die Beteiligung der Halswirbelsäule erst spät zu bemerken. Deshalb sollte unbedingt bei Feststellung einer rheumatoiden Arthritis eine Röntgenaufnahme in sog. Funktionsstellung (d.h. in Vor- und Rückneigung des Kopfes) erfolgen. Da die rheumatoide Arthritis an der Halswirbelsäule zu einer Zerstörung des Bandapparates führt, bildet sich im Verlauf unter Umständen eine rheumatische Instabilität (siehe Abbildung 1 und 2). Dabei kommt es zu einer Lockerung der Gelenke und einem Wirbelgleiten mit Einengung des Rückenmarkkanals bis hin zur Quetschung des Rückenmarkes. Hier sind besonders die Gelenke zwischen Hinterhaupt, dem ersten und zweiten Halswirbel betroffen. Komplikation dieser Instabilität ist eine langsam fortschreitende Schädigung des Rückenmarkes (zervikale Myelopathie). Die Beurteilung der Platzverhältnisse im Rückenmarkskanal (Spinalkanal) und Veränderungen im Rückenmark (Myelopathie) erfolgt in der Regel durch eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule.

Differentialdiagnosen

Die Liste der möglichen anderen Ursachen (Differentialdiagnosen) ist lang und betrifft fast sämtliche Formen anderer Gelenkentzündungen (Arthritiden). Im Bereich der Wirbelsäule sind im Besonderen die verschleißbedingten Erkrankungen und Fehlbildungen der Halswirbelsäule abzugrenzen. Dies ist durch die Bildgebung (Röntgen, Kernspintomographie) und insbesondere durch die Symptome des Patienten an anderen Gelenken des Körpers häufig gut möglich. Im Zweifelsfall werden Rheumatologen zur weiteren Differenzierung hinzugezogen.

Ziel der Therapie

Das Ziel der Behandlung der rheumatoiden Arthritis ist, durch rechtzeitige Diagnosestellung und konsequente medikamentöse Therapie den Entzündungsprozess und somit die Zerstörung der Gelenke und Bänder frühzeitig zu stoppen. Dies reduziert nicht nur die Beschwerden des Patienten, sondern auch Spätkomplikationen und notwendige operative Eingriffe zur Wiederherstellung der Mobilität. Hierbei werden neben anti-entzündlichen Schmerzmitteln (NSAR) auch Kortison, Methotrexat (MTX) und Wirkstoffe gegen Tumor-Nekrose-Faktor alpha eingesetzt. Die operative Therapie dient zur Stabilisation der Wirbelsäule und Korrektur der Verschiebungen/Deformitäten, um eine Beeinträchtigung von Rückenmark und Nervenwurzel zu verhindern und die Lebensqualität durch Reduktion der Schmerzen zu verbessern.

Operation

Führt die Instabilität der Wirbelsäule zu lang anhaltenden Schmerzen oder zu einer Bedrängung von Nervenwurzeln oder des Rückenmarks, ist häufig eine Operation notwendig. Zum Teil ist sogar bei deutlicher Zunahme der Instabilität ohne Symptome eine stabilisierende Operation notwendig, um spätere Komplikationen zu vermeiden. Dabei wird in den meisten Fällen eine Versteifung der oberen Halswirbelsäule mit Schrauben und Stäben von hinten notwendig. Die Größe des Eingriffes wird maßgeblich durch den genauen Ort des Wirbelgleitens bzw. der Enge des Spinalkanales bestimmt. Dies wird dann mit einer sog. Dekompressionsoperation kombiniert, wobei unter dem Operationsmikroskop die bedrängten Strukturen (Rückenmark, Nervenwurzeln) entlastet werden.

Spontanverlauf

Gänzlich unbehandelt führt die rheumatoide Arthritis immer zu einer fortschreitenden Zerstörung von Gelenken, Sehnen und Bändern. Unter gut eingestellter medikamentöser Therapie werden im Vergleich zu früher Operationen später oder gar nicht notwendig. Bei hochaktiven Verlaufsformen kommt es jedoch immer noch in 20-30% der Fälle zu einer fortschreitenden Invalidität. Als Folge einer nicht behandelten Rückenmarkschädigung ist mit zunehmenden neurologischen Ausfällen bis hin zur Querschnittlähmung zu rechnen, die dann auch mit einer Verkürzung der Lebenszeit einhergeht.

Prognose

Bei rechtzeitiger Behandlung der Halswirbelsäuleninstabilität können neurologische Ausfälle regelhaft verhindert werden.